Von der Schwierigkeit, durch intensive Beschäftigung mit Sportdidaktik Sicherheit im eigenen Unterricht zu bekommen

    Probleme und Möglichkeiten des Umgangs mit Fachdidaktik am Beispiel der zweiten Phase der Sportlehrerausbildung

    Von Rolf Dober (1984)

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    "Wenn ein Sportlehrer heute für seine berufliche Praxis umsetzbare, wissenschaftlich und didaktisch reflektierte Handreichungen sucht, findet er insgesamt erheblich mehr und Besseres als vor zehn oder noch vor fünf Jahren. Das zentrale Problem ist nicht der Mangel, sondern die Vielfalt" (KURZ 1980).

    "Das Handeln des Lehrers steht in der Spannung eines subjektiven Bedürfnisses nach Handlungssicherheit und der objektiven Notwendigkeit von Erziehung für Sport und durch Sport" (LANGE 1981).

     
    Vor welchen Schwierigkeiten und Hindernissen steht man heute als Referendar, wenn man Sicherheit im Unterricht bekommen will und dabei den Anspruch hat, neuere didaktische Tendenzen aufzugreifen?
    Welche Auswirkungen haben die didaktischen Unsicherheiten und Widersprüchlichkeiten ... auf das unterrichtliche Handeln des Berufsanfängers?
    Kann man sich eigentlich dem Streit um Ziele, Inhalte und Methoden unseres Faches stellen, ohne dabei in Schule und Unterricht nicht noch mehr verunsichert zu werden?

    In meinem nachfolgenden Diskussionsbeitrag möchte ich die subjektiven Bedingungen dieses Problems darstellen und analysieren. Dabei möchte ich das Spannungsfeld von Sicherheit im eigenen Unterricht und gezielter Entwicklungsförderung von Schülern im Zusammenhang mit einer Bestandsaufnahme sportdidaktischer Bruchstücke beleuchten. Schließlich will ich einige Anregungen geben, wie der Weg des Suchens nach einer Sicherheit verleihenden Unterrichtsstrategie beschritten werden könnte.
     
     

    1. DIE SPORTBIOGRAPHIE ALS GEHEIMDIDAKTIK

    Es gibt bisher keine genaueren wissenschaftlichen Untersuchungen über die Entwicklung und Umsetzung didaktischer Vorstellungen bei Sportreferendaren.

    Vieles spricht jedoch dafür, dass die Sportbiographie den Unterricht oft grundlegender bestimmt als didaktische Reflexion. Selbsterfahrener Unterricht, Vereinssport, Sport mit Freunden, Sportstudium, die "Sportschau" usw. hinterlassen eine ganz spezifische Wirkung, die sich dann wieder bis in die einzelne Sportstunde durchsetzen kann.

    Positiv und angenehm daran ist gerade die Sicherheit, die dadurch vermittelt wird. Aber nur allzu leicht und hinterrücks werden diese Sporterfahrungen zum Maßstab des Unterrichts und damit zur Geheimdidaktik. Sport ist wie kein anderes Fach davon bedroht, weil hier das Spektrum der eigenen Erfahrungen so weitreichend ist. Ich selbst bemerke bei mir immer wieder, wie z. B. meine langjährigen Vereinserfahrungen in der Leichtathletik meine Unterrichtsvorstellungen in eine problematische Richtung vorstrukturieren (Schema: Einlaufen, Gymnastik, Lernen oder Üben einer Fertigkeit usw.). Obwohl ich neuere didaktische Ansätze in der Schulleichtathletik kenne (z. B. über die Vielfalt des Laufens, Springens, Werfens), führt mich meine Routine sehr leicht in diese andere Richtung. Und wer greift nicht gerne bei schlecht vorbereiteten Stunden darauf zurück? Die Sportsozialisation wird also gegenüber den Erkenntnissen der Sportpädagogik leicht übermächtig und deshalb scheint es mir für Studium, Referendariat und Sportlehrerdasein sinnvoll zu sein, sich immer wieder mit der Frage auseinander zusetzen, wie denn eigentlich das eigene Bild vom Sport und damit verbundener Lern- und Entwicklungsprozesse zustande kommt (vgl. hierzu auch Frankfurter Arbeitsgruppe 1982, S. 24 ff.). 

    Gerade während des Referendariats könnten die Fachseminare solche Fragestellungen aufnehmen, um so Sportdidaktik in ihrer kritisch-anleitenden Funktion erst wirksam werden zu lassen bzw. grundlegende Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß eine "unbewältigte Sportvergangenheit" eine vorhandene Innovationsbereitschaft nicht stört.
     
     

    2. DIE PROBLEMATISCHE SICHERHEIT DER ÜBUNGSREIHEN, LEHRHILFEN UND UNTERRICHTSMODELLE

    Ein zentraler Faktor der Unterrichtsplanung dürften nach wie vor die methodischen Übungsreihen sein. Unbestritten ist, dass sie motorische Lernprozesse erleichtern können. Aber sie folgen nicht der Frage, ob Sport in der Schule auch so angeboten werden soll. Wenn Methodikbücher den Untertitel "Für Schule und Verein" haben, wird dies sehr oft vorgetäuscht. Und auf der Suche nach einer Sicherheit verleihenden Unterrichtsstrategie besteht die Gefahr, sich allzu leicht auf eine solche Täuschung einzulassen. Lehrhilfen, Unterrichtsmodelle usw. schmücken die methodischen Übungsreihen weiter aus, wodurch ihre Attraktivität noch weiter steigt. Es ist deshalb durchaus möglich, dass die eigene Sportbiographie angereichert mit Übungsreihen, Unterrichtsmodellen usw., eine nähere Beschäftigung mit Sportdidaktik als überflüssig erscheinen lässt. 

    Sportdidaktik bekommt in der Tat etwas Nachgeordnetes, wenn die tägliche Unterrichtsvorbereitung hier ansetzt. Ein Rückgriff auf eigene Sporterfahrungen, Übungsreihen usw. kann aber nur dann wirklich legitimierbar sein, wenn zuvor Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Entwicklungsförderung von Schülern offengelegt sind. Die Hilfen, die man dazu von der Sportdidaktik bekommt, sind aber nur sehr allgemein, und denkt man z. B. an Zielsetzungen und Leitideen wie "Handlungsfähigkeit", "Emanzipation" usw. so lassen sich leicht und oberflächlich die verschiedensten Unterrichtsstrategien hierunter subsumieren. Stelle ich mir die Leitfrage, welche physischen, motorischen, kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklungsprozesse ich mit meinem Sportunterricht organisieren kann, stoße ich schnell auf ein Geflecht von sich gegenseitig durchdringenden Faktoren, die oft undurchschaubar bleiben. Die "Logik des Alltags" (LANGE) zwingt mich dann oft, einen soliden Unterricht durchzuführen, den ich als reflektierender Sportlehrer als problematisch erkenne. Ich glaube allerdings nicht, dass dies mein individuelles Problem ist, sondern den letztlich unbefriedigenden Entwicklungsstand der Sportdidaktik selbst widerspiegelt. Insofern muss ich in meiner Unterrichtspraxis den wirklichen didaktischen Erkenntnissen sogar ein Stück voraus sein. Eine schwierige Aufgabe.
     
     

    3. VERUNSICHERUNG DURCH DIE VIELFALT DIDAKTISCHER THEMEN UND ANSÄTZE

    Je umfangreicher die individuelle Kenntnis sportdidaktischer Arbeiten und Fragestellungen, um so mehr stellt sich die Aufgabe unter den verschiedenen Angeboten abzuwägen. Soll dies nicht beliebig erfolgen, braucht man Maßstäbe und Entscheidungskriterien hinsichtlich der Ziele, Inhalte und Methoden. Stehen verschiedene Ansätze konkurrenzhaft gegenüber, müssen außerdem noch Maßstäbe hinsichtlich ihres Begründungsgehaltes vorhanden sein.

    Fragen über Fragen. Was z. B. sollen die Schüler im Sportunterricht unbedingt lernen und wann? Wie ordne ich die Elemente des sozialen Lernens und der Kommunikation? Inwieweit können und sollen die Schüler das begreifen, was sie tun? Wann soll ich die Bewegungsaufgabe als Anweisung, wann als Problemsituation vorgeben? Ist die exakte Bewegungsausführung wichtiger als mögliche Aspekte der Körpererfahrung? Welche Sportarten sind anderen vorzuziehen oder soll ich überhaupt noch im System der Sportarten denken? Gibt es so was wie eine Hierarchie von Sinnrichtungen (Leistung, Überbietung, Gesundheit, Geselligkeit, Exploration, Ausdruck usw.; KURZ 1979, S. 85 ff.)? Der Hinweis auf eine möglichst große Vielfalt ist auch nicht mehr befriedigend, weil Entscheidungen einer allzu großen Beliebigkeit überlassen werden. KURZ selbst hat in dem anfangs angeführten Zitat darauf hingewiesen.

    Gerade weil die Situation so unübersichtlich und unsicher ist, kann es vorkommen, dass Erkenntnisse der Sportdidaktik ganz und gar verdrängt werden und die Tendenz besteht, sich dem Pragmatismus hinzugeben. Sucht man in der Sportdidaktik nach wirklich praxis- und schülerbezogenen Entscheidungshilfen, so verstärkt sich der Eindruck ein Fass ohne Boden vor sich zu haben. Dennoch: Es besteht überhaupt kein Anlass zu Rückzug oder Resignation, denn die Problemebenen sollten nicht verwechselt werden. Was m. E. fehlt, sind eindeutige Relevanzkriterien für den einen oder anderen Ansatz; sind Kriterien für die Integrierbarkeit verschiedener Modelle. Vor allem steht noch weitgehend die Beantwortung der Frage aus, wie Sportunterricht entwicklungsgemäß gestaltet werden könnte. Vorhanden sind aber vielfältige Anregungen für eine innovative Praxis, welche den Sportunterricht allemal bereichern können. Auf sie zu verzichten hieße, Erkenntnisfortschritte ungenutzt zu lassen, und das wäre schon im Interesse der Schüler nicht gerechtfertigt. Ich denke da vor allem an die Vorschläge von KURZ (1980), EHNI (19'77), SCHERLER (1975), FUNKE (1979, 1980, 1983) und die Zusammenstellung und kritische Einschätzung grundlegender didaktischer Themen bei BRODTMANN (1979). 

    Von solchen Konzeptionen ausgehend Sportunterricht - auch in Teilaspekten - zu planen, durchzuführen und auszuwerten, ermöglicht erst den so wichtigen Einblick in deren Möglichkeiten und Probleme. Individuell ist dies sehr schwierig und möglicherweise aufgrund des Praxisdrucks sogar unmöglich. Wenn sich die Sportdidaktik selbst immer noch in einer "Phase des Suchens" (LANGE 1975) befindet, sollte auch das Referendariat als eine gemeinsame, problemoffene Theorie und Praxis verbindende Suche nach gangbaren Wegen organisiert werden. Manchmal ist es dabei schon ein Fortschritt, wenn Probleme und Unsicherheiten genauer formuliert werden können. Viel schlimmer ist es, eine Gewissheit dort zu behaupten, wo es sie überhaupt noch nicht gibt, weil damit der Zugriff zu den sich verändernden Erfordernissen der Erziehung durch Sport und im Sport verbaut wird.
     

    4. DIE SCHÜLER IM SPORTUNTERRICHT -  EIN "STÖRFAKTOR" ?

    Wer möchte nicht gerne den Schüler in den Mittelpunkt seines Unterrichts. stellen und Selbständigkeit und Selbsttätigkeit fördern? Neuere didaktische Konzeptionen haben nun auch weitgehend dieses sympathische Bild vom lernwilligen und vielseitig interessierten Schüler aufgenommen. 
    Jedoch wird die Realität schulischer Lernprozesse von Referendaren oft ganz anders wahrgenommen. Störungen von Schülerseite machen allzu oft das gut gemeinte Konzept kaputt, vor allem dann, wenn der Anspruch besteht, besonders schülerorientiert, prozessorientiert, kommunikativ usw. zu unterrichten. Ein solcher Unterricht, der auf den grundlegenden pädagogischen Gedanken der Selbständigkeit und Selbsttätigkeit beruht, ist offensichtlich schwieriger und störanfälliger. Auch hier kann es deshalb leicht wieder zu einer "gegendidaktischen Tendenz" kommen, indem einfach auf bewährte und weniger störanfällige Methoden zurückgegriffen wird, um die Sicherheit im eigenen Unterricht nicht zu verlieren. Der Anspruch einer gezielten Entwicklungsförderung wird dadurch aber erheblich zurückgeschraubt. Solange allerdings reibungslos verlaufender Unterricht mit gutem Unterricht verwechselt wird, ist dies nicht weiter verwunderlich.

    Schülern die Möglichkeit zu geben, sich kreativ und konstruktiv mit offenen Aufgabenstellungen auseinander zusetzen, heißt für den Lehrer allerdings auch, gewohnte Sicherheiten aufzugeben. Dass dazu erst recht gezielte Anleitung und eine umfangreiche Abwägung von Alternativen notwendig ist, kennzeichnet dieses Spannungsfeld. Gibt man den Schülern die Möglichkeit, Sinngebungen auch selbständig zu wählen oder zu einer "Neukonstitution sportlicher Wirklichkeit" (EHNI 1977) zu gelangen entwickelt man am ehesten die gewünschte Fähigkeit zur autonomen Gestaltung des Handlungsfeldes Sport. Schließlich kann nur so der Gefahr einer "Vermethodisierung" (Volkamer 1979) entgangen werden, die letztlich immer am Schüler vorbeigeht. Dem Lehrer erspart es den Vorwurf, selbst die interessantesten Sachen langweilig zu machen, und dies allein schon wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler.

    Hinter diesen Annahmen verbirgt sich aber ein weiteres Problem der Didaktik. Der Zusammenhang verschiedener Konzeptionen zur konkreten Subjektivität der Schüler wird kaum untersucht oder überhaupt einmal reflektiert. Diskrepante Schülererwartungen, unterschiedliche Lernvoraussetzungen, Unsicherheit und Angst vor Unbekanntem, Identitätsprobleme im Zusammenhang mit der eigenen Körperlichkeit und vieles andere müssten viel stärker thematisiert werden. Oder: Was bewirkt die Disziplinierung abweichenden Verhaltens für das Sportverständnis der Schüler? Auch darüber wissen wir sehr wenig, obwohl sie doch auf der Tagesordnung des Alltags ist.

    Das Subjekt des Sportunterricht ist also noch weitgehend unbekannt, wir arbeiten mit vagen Annahmen. Wenn sich die Sportdidaktik nicht stärker auf den Weg zu den konkreten Subjekten begibt (sowohl zu den Schülern als auch zu den Lehrern), läuft sie Gefahr, dass sie an ihnen vorbeigeht. Umgekehrt kann m. E. ein solcher Fortschritt nur organisiert werden, wenn die Praktiker solchen Problemen und Fragestellungen offener gegenüberstehen. Eine gewissermaßen forschende Unterrichtspraxis (auch im kleinen Rahmen) bietet sich gerade für die erste und zweite Phase der Sportlehrerausbildung an, weil bereits schon Strukturen für solche Arbeitszusammenhänge vorhanden sind. Vor allem müsste die noch vielfach vorhandene Trennung zwischen Schule und Wissenschaft aufgehoben werden.
     
     

    5. DIDAKTISCHES WISSEN SCHAFFT KONFLIKTE IM ALLTAG
    Beispiel: Sportunterrichtals Bewegungs- und Körpererfahrung

     Wie konflikthaft sich das Aufgreifen neuerer Tendenzen gestalten kann, möchte ich am Beispiel solch fundamentaler sportdidaktischer Kategorien wie "Körper" und "Bewegung" darstellen. Konflikt meint dabei nicht nur den institutionellen Konflikt, sondern vor allem auch den individuellen Konflikt zwischen verschiedenen Handlungstendenzen: Entwicklungsförderung der Schüler und relative Handlungssicherheit in Schule und Sportunterricht.

    Sportunterricht wird vor allem für die körperliche und motorische Entwicklung verantwortlich gemacht. Wie über Bewegung und Körper wesentliche Erfahrungsmöglichkeiten für die Persönlichkeitsentwicklung erschlossen werden können, ist eine konstitutive Frage für den Sportunterricht (vgl. Brodtmann u.a. 1977). Der institutionalisierte Sport wird mit einer solchen Fragestellung als zentrales Bezugsfeld angezweifelt und muß sich deshalb neu ausweisen.

    Es gilt heute gezielt zu berücksichtigen, dass Bewegung nicht nur eine komparative, sondern auch eine produktive, expressive, explorative und kommunikative Bedeutung hat (vgl. ebd.), was bei der Planung eines auf Selbsttätigkeit basierenden Unterrichts bedacht werden muss. Weiterhin: Warum sollte ich meinen Schülern vielfältige und oft vernachlässigte Körpererfahrungen vorenthalten? Möglicherweise kann erst durch sie für viele Schüler das freudvolle und bewusste Verhältnis zur eigenen Körperlichkeit und zu den eigenen Bewegungsmöglichkeiten geschaffen werden. Und das Fach Sport ist das einzige, welches diese Aufgabe praktisch angehen kann (vgl. FUNKE 1980) .

    Doch dieses Wissen schafft leicht einen Konflikt mit einer sich widerständig erweisenden Realität, denn es ist keinesfalls so, dass der Referendar auf ein Feld didaktischer Innovationsbereitschaft stößt. Wie bewerte ich die skeptischen Blicke der Kollegen, wenn ich plötzlich mit Pantomime im Sportunterricht anfange? Mein Engagement sei ja zu loben, aber . . . Wie gehe ich mit der Überzeugung einiger Schüler um, dass diese oder jene Bewegungsform ja nun wirklich nichts mit Sport zu tun habe? Soll ich mich der üblichen Vorbereitung auf die Bundesjugendspiele (mit ihrem einseitigen Sportverständnis) entziehen? Bin ich überhaupt für die neuen Aufgaben unseres Fachs genügend ausgebildet oder werde ich mich nur blamieren?

    Solche individuellen Unsicherheiten resultieren m. E. aus einem verantwortungsvollen didaktischen Denken und gerade nicht aus Unkenntnis. Sie können erdrückend werden, wenn sie nicht aufgearbeitet oder verdrängt werden. Referendariat hat heute immer noch viel mit individuellen Bewährungssituationen zu tun. Aber gerade auch. an diesen Beispielen lässt sich zeigen, wie gewinnbringend ein gemeinsames Stellen und Aufarbeiten solcher Probleme sein könnte, die aus einer intensiven Beschäftigung mit Sportdidaktik hervorgehen.
     
     

    6. ZUSAMMENFASSUNG:
     Referendariat als gemeinsame Suche nach begründbaren Unterrichtsstrategien

    KURZ (1980) hat einmal von der "Suche nach neuen Grenzen" gesprochen und dadurch die Situation von Schulsport und Sportdidaktik gekennzeichnet. Diese Suche sollte nun m. E. auch verstärkt von seiten der Praktiker betrieben werden, weil letztlich nur so das notwendige Handlungswissen erlangt werden kann. Die Verunsicherung, die verschiedenen didaktischen Konzeptionen heute hervorbringen, sollte zu einer verstärkten Hinwendung zur Didaktik führen, nicht zu einem Rückzug. Eine Theorie-Praxis-Reflexion, welche diese Verunsicherungen zum Gegenstand macht, wird allen Beteiligten (in Fachseminaren oder Fachkonferenzen) eine Weiterentwicklung ihres didaktischen Verständnisses ermöglichen, das auch in der Praxis seinen Niederschlag findet. 

    Referendariat als didaktisches Erkundungs- und Experimentierfeld zu organisieren heißt dabei keinesfalls, die Schüler zu Versuchsobjekten zu machen, sondern sie erhalten dadurch viel eher die Möglichkeit, einen vielgestaltigen und entwicklungsfördernden Sportunterricht zu erfahren. Lehrer, Referendare und Fachleiter wären bei diesem Konzept aufgefordert, im Rahmen ihrer institutionellen Bedingungen ent-sprechende Organisationsformen zu finden, die diese umfassende Theorie-Praxis-Reflexion ermöglichen (etwa im Rahmen von Kompaktseminaren, der Lehrerfortbildung usw.).

    Übersehen werden darf aber dabei nicht das wohl größte Problem heutiger Lehrerausbildung, die drohende Arbeitslosigkeit des Lehramtsbewerbers, welche die Motivation für das Engagement in Sachen Schulsport sicher nicht fördert. Gerade aber durch die intensive Beschäftigung mit sportdidaktischen Fragestellungen müsste den politisch Verantwortlichen gezeigt werden, daß hier nicht nur die Perspektive einer heranwachsenden Lehrergeneration verbaut wird. Hier werden durch eine falsche Sparpolitik wichtige Impulse für den Schulsport abgeschnitten, deren Folgen für unsere weitere gesellschaftliche Entwicklung verstärkt aufgegriffen und aufgezeigt werden müssten.

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    Literatur:
    BRODTMANN, D.: Sportunterricht und Schulsport Bad Heilbrunn 1979.
    BRODTMANN, D. u. a.: Sportpädagogik - Rückzug ins Denken oder Anleitung zum Handeln? In: Zeitschrift für Sportpädagogik 1 (1977), 1.
    EHNI, H. W.: Sport und Schulsport. Schorndorf 1977. Frankfurter Arbeitsgruppe: Offener Sportunterricht -analysieren und planen. Reinbek 1982.
    FUNKE, J.: Curriculumrevision im Scbulsport. Ahrensburg 1979.
    FUNKE, J.: Körpererfahrung. In: Sportpädagogik 4 (1980) 4.
    FUNKE, J. (Hrsg.): Sportunterricht als Körpererfahrung. Reinbek 1983.
    HECKER, G. / KUPPER, D.: Trendbericht Sportdidaktik. In: Sportunterricht 31 (1982), 9.
    KURZ, D.: Elemente des Schulsports. Schorndorf 1979'. KURZ, D.: Schulsport und Sportwissenschaft (Auf der Suche nach neuen Grenzen). In: ADL (Hrsg.): Theorie in der Sportpraxis. Schorndorf 1980.
    LANGE, J.: Zur gegenwärtigen Situation in der Sportdidaktik. In: Sportwissenschaft 5 (1975) 6.
    LANGE, J.: Der Sportlehrer im Schulalltag. In: Sportpädagogik 5 (1981) 6.
    SCHERLER, K.: Sensomotorische Entwicklung und materiale Erfahrung. Schorndorf 1975.
    VOLKAMER, M.: Die Gefahr der "Vermethodisierung". In: Sportpädagogik 3 (1979), 5.

    Aus: Sportunterricht 1/84 (gekürzt) .



    Ein älterer Text, aber ich denke, in vielen Teilen immer noch aktuell.
    Sportpädagogik-Online | Sportunterricht.de