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GutsMuths - Biografie.
GutsMuths, J.C.F.
.. Joh. Chr. Fr. GutsMuths
Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes

Ausgewählte Spielbeschreibungen
Erste Klasse Bewegungsspiele



 

9. Treibball
(oder Das Geierspiel)

Dieses in Deutschland hin und wieder gewöhnliche Spiel habe ich auch in England unter dem Namen Hawkgame und in Frankreich wiedergefunden. Wenn es mit Eifer gespielt wird, so strengt es den Körper vortrefflich an, verursacht viel Aufheiterung, viel Gelächter und ist vollkommen unschuldig.

Ein freier Wiesenplatz gibt den Spielraum. Die Gesellschaft kann aus sechs, zwölf, zwanzig und mehreren Personen bestehen. Jeder versieht sich mit einem ungefähr zwei bis drei Schuh langen, etwas starken Stock. Man macht ein Loch in den Boden, von der Größe eines kleinen Hutkopfes, und im Umkreis um dasselbe so viel kleinere Löcher als Spieler da sind, weniger eins. Diese Löcher können zwei, drei Schritte voneinander entfernt sein; hierdurch bestimmt sich die Größe der Peripherie und ihre Entfernung vom großen Loch von selbst. Die Spieler machen durch das unter der Jugend sehr bekannte Abzählen einen zum Geier. Oder sie gehen alle an das Mittelloch, halten ihre Stöcke hinein, lassen 1, 2, 3 rufen und springen schnell an den Umkreis, wo jeder seinen Stock in ein Loch setzt. Derjenige, welcher keines hat, ist Geier.

Dieser erhält den Ball, welcher eine Faust dick sein kann und nur mit Haaren ausgestopft ist. Jeder andere aber bleibt bei seinem Loch im Umkreis, in welches er die Spitze seines Stockes setzt, indem er sich mit dem Rücken aus dem Kreis herausstellt. - Jetzt versucht der Geier, welcher außerhalb des geschlossenen Kreises steht, den Ball mit kleinen Schlägen seines Stockes an der Erde wegzurollen, um ihn in den Kreis zu bringen. Er ist behutsam, wählt diejenige Stelle, wo der Kreis mit weniger schnellen und geschickten Personen besetzt ist, dringt mit seinem Ball zugleich hindurch, um ihn in das Mitteüocb zu rollen. Dies ist der Zweck seiner Arbeit, der aber schwer und selten erreicht wird. In diesem Augenblick schreit alles: der Geier, der Geier! Alle sind in tausend Stellungen und Wendungen beschäftigt, den Ball aus dem Kreise herauszubringen.

Der Geier hingegen tut alles mögliche, um ihn hineinzubringen oder irgendeinem ändern, der es sich eben recht angelegen sein läßt, dadurch ein Loch abzugewinnen, daß er seinen Stock in dessen verlassenes Loch steckt. Hierdurch wird der, welcher das Loch verliert, sogleich Geier. Aber oft glückt dem Geier « beides nicht; ehe man es sich versieht, bekommt der Ball einen Schlag, daß er weit fortfliegt, und unter Gelächter zieht der , Geier ab, um bald von neuem wiederzukommen. Ist der Geier ein recht flinker Bursche, so macht er allen anderen oft genug zu schaffen und das Spiel wird ungemein lebhaft und lustig;  ist er aber zu schläfrig, so verliert es viel von seiner Annehmlichkeit. Die Gesellschaft tut daher besser, zwei, ja drei Personen zu Geiern zu machen und jedem einen Ball zum Hereintreiben zu geben. Nur muß man dann auch zwei, drei bis vier Kreislöcher weniger machen, als Spieler da sind.

Regeln: Der Geier darf mit seinem Stock alles tun, um den Ball fortzubringen und vor den Schlägen zu schützen, indem er ihn, wenn einer nach dem Ball schlägt, vor dem Ball auf die Erde stützt, so daß der Schlagende nur den Stock treffen kann. Hierin besteht einer seiner größten Vorteile. Aber er darf weder Hände noch Füße gebrauchen, um den Ball zu decken oder ins Loch zu bringen, und dies darf auch keiner von den übrigen. Wenn der Geier in den Kreis eindringt, so darf keiner seine Person antasten und ihn etwa herausstoßen. Man hat es bloß mit dem Ball zu schaffen.

Wenn es dem Geier unmöglich fällt, seinen in den Kreis gebrachten Ball länger zu verteidigen, so muß er alles mögliche tun, irgendein vom Stock verlassenes Loch der Umstehenden zu gewinnen; wenn jeder Geier dies tut, so sind die Umstehenden desto mehr genötigt, ihre Löcher mit den Stöcken besetzt zu halten und sich weniger darauf einzulassen, den Ball fortzuschaffen.

Bringt der Geier den Ball ins Mittelloch, so muß jeder sein bisheriges Loch verlassen und seinen Stock in irgendein anderes zu stecken suchen. Auch der bisherige Geier sucht eines zu erhalten. Wer keines bekommt, ist wieder Geier.
Daß kein Spieler nach dem Ball schlagen [darf], wenn die Beine seiner Gespielen im Wege stehen, versteht sich von selbst. Mit Heftigkeit und weit ausgeholten Schlägen wird überhaupt nur dann geschlagen, wenn der Ball frei genug daliegt. Im Gegenteil, es sind immer nur kurze, zurückgehaltene, zum Fortrollen passende Schläge, die horizontal an der Erde weggeführt werden.

Niemand der Umstehenden darf von seinem Loch weggehen, um etwa den Ball außer dem Kreise zu schlagen; hier darf man ihn nur so weit verfolgen, als man noch reichen kann, wenn man den einen Fuß an sein Loch setzt. Ja, man kann auch, wenn man den Geier mehr begünstigen will, ausmachen, daß der Ball durchaus nur geschlagen werden darf, wenn er innerhalb der Peripherie des Kreises liegt. Doch hängt dies bloß von dem Willen der Gesellschaft ab, da es nicht notwendig zum Spiel ist.

Wenn aber der Geier den Ball in den Kreis gebracht hat, dann kann jeder auf seine Gefahr seine Stelle verlassen und hineingehen, um den Ball fortzuschaffen. Kein im Kreise Stehender darf sein Loch mit dem Fuß bedecken.
 
 

 

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